Faktencheck

Weniger Abgrabungen, mehr Fläche = ökologischer Gewinn?

„Vorrangiges Ziel einer ökologisch und ökonomisch orientierten Rohstoffpolitik sollte die Sicherung einer möglichst verbrauchernahen Versorgung mit Massenrohstoffen sein. Die derzeit festzustellende Konzentration von Abbaustellen auf immer weniger Standorte hat zunehmende Transportentfernungen zur Folge, die zu einer verstärkten Umweltbelastungen durch Verkehrsemissionen führen und die Preise von Massenrohstoffen beträchtlich erhöhen.


Zustandsbericht der Staatlichen Geologischen Dienste der BR Deutschland, 31.12.2008

 

Der Gedanke ist verlockend: Wenn es gelingen würde, die Gewinnung mineralischer Rohstoffe zurückzudrängen, würden automatisch weniger Flächen für Abgrabungen gebraucht. Weniger Flächenverbrauch bedeutet mehr Fläche für Natur und Landschaft, bedeutet mehr ökologischer Nutzen. Ist doch logisch, oder? Die Antwort ist ‐wie immer‐ komplizierter. Tatsache ist jedenfalls, dass jeder Bürger in Deutschland bis an sein Lebensende einen Verbrauch von etwa 730 t nichtenergetischer Rohstoffe hat. Wir benutzen Straßen, Brücken und Gebäude aus Asphalt, Beton und Mauerwerk. Wir schauen durch Glasscheiben, die mineralische Rohstoffe zur Grundlage haben. Die Anwendungsbereiche sind umfassend, ohne mineralische Rohstoffe gäbe es das moderne Leben, das wir kennen, nicht. Jeder Bürger in Deutschland ge‐ und verbraucht pro Tag etwa 25 kg nichtenergetischer Rohstoffe. Der Bedarf daran wird nicht dadurch verschwinden, dass man auf deren Gewinnung in Deutschland verzichtet.

 

Und auch das wissen wir: Was man nicht hat, aber dringend braucht, kauft man anderswo ein! Einige Hinweise und Fakten, die man nicht übersehen darf:

 

  • Der Bedarf an mineralischen Rohstoffen wird in Deutschland auch langfristig nicht abnehmen. Aktuelle Studien zeigen, dass die Nachfrage nach Steine‐Erden‐Primärrohstoffen bis ins Jahr 2030 selbst bei einer geringen wirtschaftlichen Dynamik und unter Berücksichtigung demografischer Faktoren und von Recyclingpotentialen stabil sein wird. Der prognostizierten Bevölkerungsabnahme stehen Trends zu einem erhöhten Wohnflächenbedarf entgegen. Außerdem fällt der demografische Wandel regional höchst unterschiedlich aus.
  • Die Versorgung der Bevölkerung ist gesetzgeberischer Auftrag. Im Raumordnungsgesetz der Bundesrepublik ist die Aussage enthalten, dass die „räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen“ sind, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 4 Satz 4 ROG. Der Gesetzgeber selbst nimmt Bezug auf diesen Aspekt der Daseinsvorsorge, in dem er anordnet, dass –wenn möglich‐ heimische Rohstoffquellen genutzt werden sollen.
  • Die regionale Versorgung mit Rohstoffen macht ökologisch größten Sinn, wenn man sich einmal vor Augen hält, welche Baustoffmengen tagtäglich transportiert werden. Derzeit werden in Deutschland jährlich 1,3 Mrd. Tonnen Güter der Baustoffindustrie transportiert. Die Logistik muss verbrauchernah zu den Baustellen erfolgen. Fast 94 % des fraglichen Güteraufkommens entfallen auf den Straßenlastverkehr. Die durchschnittliche Transportentfernung von Gewinnungsbetrieb und Baustoffwerk zum Abnehmer liegt bei nur 40 Kilometern.
  • Je mehr Gewinnungsstätten für mineralische Rohstoffe wegfallen, umso stärker wächst proportional die Importmenge und das Verkehrsaufkommen für Baustoffgüter an. 1,3 Mrd. Tonnen Baustoffgüter müssen dann über vielfach verlängerte Transportwege herangeschafft werden mit allen Folgen der zusätzlichen Umweltbelastung. Aus den Aspekten des Klimaschutzes. der Ressourceneffizienz und des nachhaltigen Wirtschaftens ist eine gesicherte regionale Versorgung mit mineralischen Rohstoffen ökologisch sinnvoller als Gewinnungsflächen in „konfliktarmen“, aber abgelegenen Bereichen zu konzentrieren oder auf den Import von Steine und Erden zu setzen. Hinzu kommt, dass ohnehin erwartet wird, dass die Personen‐ und Güterverkehrsleistung weiter zunehmen wird. Die infrastrukturellen Voraussetzungen für einen weiteren Anstieg sind nicht vorhanden. Die Gleichung lautet also nicht: weniger Abgrabungen gleich mehr ökologischer Nutzen. Sie lautet: weniger Rohstoffgewinnung in Deutschland (in NRW, am Niederrhein, im Landkreis XY etc.) gleich mehr Abgrabungen in anderen Teilen der Welt (Europas, Deutschland, NRW, im Landkreis Z etc.) gleich mehr Baustofftransport gleich mehr Kohlendioxid gleich mehr Ressourcenverbrauch.


Schließlich gilt noch eines: Jede Abgrabung, die vor Ort verhindert wird, bedeutet, dass an einem anderen Ort mehr abgebaut werden muss oder eine neue Gewinnungsstätte eröffnet wird. Das Problem wird lediglich räumlich verschoben. Deutschland ist ein wohlhabendes Land dank seiner Wirtschaft, die auf Rohstoffimporte aus der ganzen Welt angewiesen ist. Können wir es verantworten, dass wir nicht einmal hinreichend auf unsere eigenen Rohstoffe zurückgreifen?

 

Quellen: Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden e.V., BBSR‐Wohnungsmarktprognose, Bundesinsitut für Bau‐ Stadtund Raumforschung, Pro Mobiliät., Rohstoffbericht des Landes Rheinland‐Pfalz 2007

 

vero – Verband der Bau‐ und Rohstoffindustrie e. V. • Düsseldorfer Str. 50 • 47051 Duisburg • www.vero‐baustoffe.de

Dorsten

Dipl.-Ing.

Holger  Vespermann

Vertriebsleiter, Prokurist

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